Zwilipp — Ein Dorf in Pommern

Auf Initiative des Heimatkreises Kolberg-Körlin veröffentlichte Manfred Vollack das Buch “Das Kolberger Land – Seine Städte und Dörfer – Ein pommersches Heimat- buch” (Verlagsgruppe Husum, 1999, 736 S., ISBN 3-88042-784-4). Rolf Rackow, geboren in Zwilipp und bis zu seinem Tod in 2011 viel auf Reisen zwischen seinem Wohnort München und seiner Lieblingsinsel Helgoland, entdeckte Vollacks und H.J. Eggers’ Arbeit im Frühjahr 2001 und präsentierte es beim Zwilippertreffen zu Pfingsten in Bielefeld. In der Übersicht finden Sie alle in dem Buch veröffentlichten Texte zum Dorf Zwilipp. Viel Spaß beim Lesen!

Landschaftsbild

Bauern- und Gutsdorf im Norden des Kreises Kolberg-Körlin, nördlich des Flusses Persante und 15 Kilometer südöstlich von Kolberg. Topografische Karte 1:25.000 (meßtischblatt) Nr. 1859 Kolberg, 1860 Degow, 1959 Gr. Jestin und 1960 Kerstin (Ortslage).

Die Gemarkung von Zwilipp (mit Pustar) liegt im großen Persantebogen, der sie im Süden umgibt. Das Ufer dieses Flusses wechselt vom durchfurchten Prallhang im Südosten bis zum relativ sanften Gleithang im Süden und Westen. Die zur Persante strömenden Bäche haben sich zum Teil tief eingegraben (Höllengrund, Wangritz im Schiefen Grund, Lößbäk), um die starken Höhenunterschiede zu überwinden (20 bis 40 ü. NN um Zwilipp, unter 5 Meter ü. NN im Persantetal westlich von Pustar). Die höchste Erhebung liegt bei 44,7 Meter ü. NN auf der Grenze zu Bartin. Die Reliefenergie beträgt demnach fast 40 Meter. Die flachwellige Hochfläche, auf der Zwilipp liegt, wird von einer Senke eingenommen, die früher von einem See ausgefüllt wurde, der seit langem verlandet ist (Großes Moor).

Zwilipp liegt etwas abseits der Landstraße, die über Damgardt-Zernin Anschluss an die R 124 und damit nach Kolberg hat. Die nach Pobloth führende, östlich der Zwilipper Fähre die Persante kreuzende Straße berührt das Dorf nicht, sonder verläuft über Bartin nach Degow; die kirchgänger von Lustebuhr benutzten früher den Weg zur Fähre, der nach dem um 1880 erfolgten Bau der erwähntenStraße und Brücke ins Abseits geriet. Eine andere Verbindung besteht im Westen über Pustar nach Semmerow, sie ist 1913 mit einer Brücke über die Persante von Zermin her ausgebaut worden.

Grenznachbarn von Zwilipp sind jenseits der Persante im Süden die Dörfer Semmerow, Groß Jestin, Kerstin (Krühne) und Peterfitz (Lustebuhr), im Norden Bogenthin, Damgardt und Bartin.

Bodennutzung und Landwirtschaft

Die Bodenverhältnisse in Zwilipp lassen sich als “mittel” bis “gut” bezeichnen. Streckenweise war der Boden sandig-lehmig, zum Talrand der Persante hin sandig. Die Niederungen des Großen Moores waren vermoort aber zum Teil entwässert, auch das Persantetal war in brauchbares Wiesenland verwandelt worden.

Nach der preußischen Bodenklassifizierung von 1864 hatte das Bauerndorf Zwilipp die Ackerzahl 4568, das Rittergut Pustar 4567, das bedeutet, dass die Böden der 4. Qualitätsstufe jene der 5., 6. und 7. überwogen. Auch der für 1885 festgestellte Grundsteuer-Reinertrag des Ackerlandes wies für Zwilipp mit 12,14 M pro Hektar die besseren Böden als in Pustar (11,75 M/ha) aus. 1931 betrug der Grundsteuer-Reinertrag in der Gemeinde mit 10,79 RM/ha etwas mehr als das Kreismittel von 9,37 Reichsmark pro Hektar aus. Der Gemeindehektarsatz war auf 750 RM/ha festgestellt.

Der Anbau von Feldfrüchten belief sich auf Roggen, Kartoffeln, Futterpflanzen, etwas Gerste und Hafer, Hülsenfürchte wie Erbsen. Die Viehzucht war durch Pferde, Rinder, Schweine und Geflügel (besonders Gänse) vertreten. 1885 waren auf dem Gebiet der späteren Gemeinde Zwilipp (mit Pustar) 71,0 Prozent der Fläche als Ackerland genutzt, 8,8 % als Wiesen, 6,9 % als Wald, der Rest entfiel auf Weiden und Ödland. Diese Zahlen blieben bis 1945 nahezu gleich.

In der Gemeinde Zwilipp gab es 1939 unter den 25 landwirtschaftlichen Betrieben 2 Großbetriebe über 100 Hektar. Und zwar das Rittergut Pustar von Wally Damm mit 555 Hektar sowie den Hof von Ernst Nitz mit 109 Hektar. 14 Höfe gehörten zur Kategorie 20 bis 100 ha: Else Braasch mit 79 ha, Johann Rackow mit 58 ha, Albert Heldt mit 49 ha, Karl Henke mit 48 ha, Werner Radmer und Siegfried Ponick mit je 44 ha, Hermann Baller 42 ha, Helmuth Scharping 39 ha, Herman Vaßholz 33 ha, Emil Rackow 28 ha, Otto Bohlmann 27 ha und Walter Reinke mit 21 ha. Die Statistiker registrierten einen Hof mit einer Fläche zwischen 10 und 20 Hektar, 3 mit 5 bis 10 ha und 5 mit 0,5 bis 5 Hektar.

Wirtschaft und Verwaltung

In Zwilipp gab es vor 1945 kaum gewerbliche Betriebe. Zu nennen sind nur die Schuhmacherei von Albert Fiß, die Tischlerei von Hermann Schuhmacher, die Stellmacherei von Paul Wolter und der Gasthof von Gastwirt Albert Varchmin. Die Poststelle des Dorfes verantwortete Charlotte Varchmin.
Zwilipp gehörte zum Amtsbezirk (Kolberg-) Altstadt. Letzter Amtsvorsteher war Theodor Braasch in Bogenthin. Kolberg unterstand dem Gendarmerieposten Degow I unter Gendarmeriemeister Schütt. Schiedsmann war Bauer Emil Rackow und Standesbeamter war Anton Neitzel aus Zernin. Zuständiges Amtsgericht war jenes zu Kolberg. Das Amt des Gemeindevorstehers beziehungsweise Bürgermeisters (ab 1935) versah vor dem I. Weltkrieg Robert Vahsholz (1912/13), Bauer Gustav Rackow (1922) sowie Hermann Baller (mindestens seit 1925 bis 1945).

Volkskundliches

Als Lehrer Asmus 1893 über das Brauchtum in dem stillen Bauerndörfchen an der Persante schrieb, “um die alten Bräuche aufzunehmen, ehe sie schwinden”, konnte er noch auf das gute Gedächtnis von zwei Gewährsmännern – Tischlermeister August Kummrow und Eigentümer Fritz Gehrt – zurückgreifen. Beide hatten lange Jahre das Amt des “Köstebirrers” innegehabt. Und manche Bräuche waren schon damals seit mehr als zehn Jahre nicht mehr geübt worden. Nur in traditionsgebunden Familien war vieles “noch Sitte”, wie man in Hinterpommern zu sagen pflegte.

Bäuerliches Brauchtum um 1890

Sie wissen nicht, was “Knisterblank” oder was ein “Köstebirrer” ist? “Aufschwänzen”, “spleißen” und “arten” sind Ihnen unbekannte Verben. Dann wird es Zeit, dass Sie ganz tief in den einstigen Volksglauben der Zwilipper eintauchen. Möglich macht das Ferdinand Asmus, Dorflehrer um die vorletzte Jahrhundertwende. Wenn Sie Lust auf mehr bekommen haben, sollten Sie auf jeden Fall noch bei den Erzählungen aus Zwilipp vorbei schauen. Übrigens auch den Zwilippern vom Munde abgeschaut und aufgeschrieben von Ferdinand Asmus:

Vor der Hochzeit

Die Hochzeit fand immer an einem Freitag statt. Acht Tage vor der Hochzeit begannen die Mägde des Brauthauses, Girlanden, Kränze und Sträußchen zu wickeln und zu binden. Am Tag der Hochzeit begab sich der “Köstebirrer” in das Hochzeitshaus. Hier wurde sein Zylinder(hut) mit “Knisterblank” (Flittergold oder auch Lametta genannt) geschmückt. Dann bestieg er das buntgeschmückte und “aufgeschwänzte” Pferd, um die einzelnen Bauern des Dorfes einzuladen. Natürlich wurden alle zwölf Bauern des Dorfes eingeladen und alle kamen mit ihrer Familie. Jede Hochzeit war ein Dorffest im wahrsten Sinne des Wortes. Der “Köstebirrer” (Hochzeitsbitter) ritt nun aber nicht nur auf den Hof, sondern hoch zu Ross direkt in die Bauernstube und sagte hier sein auswendig gelerntes Sprüchlein in gebundener und ungebundener Rede auf. Dafür erhielt er von der eingeladenen Bauernfamilie ein Geschenk, das früher in Naturalien wie Backfeigen, Äpfeln oder Semmeln und später als Geldgeschenk überreicht wurde. Alle Geschenke verschwanden in einem der beiden Säcke, die der Köstebirrer vor sich über das Pferd gehängt hatte. Zum großen Gaudium der Straßenjugend ritt der Köstebirrer in diesem Aufzug auch mitunter durch Kolberg, wenn er dort Verwandte des Brautpaares einzuladen hatte.
Inzwischen waren die Mädchen des Dorfes im Hochzeitshaus erschienen, um bei den Hochzeitsvorbereitungen behilflich zu sein und vor allem die Fische zu entschuppen. Zwei Scheffel Fische mußte es zu jeder Hochzeit geben. Am Abend kamen die Dorfburschen zum Poltern. Auch die Musiker erschienen zum Polterabend, um den “Polterern” und den “Fischmädchen” zum Tanz aufzuspielen. Um Mitternacht wurde der Tanz beendet.

Am Hochzeitstag

Am Hochzeitsmorgen musste die Braut die Scherben zusammenkehren und selbst fortkarren. Dadurch sicherte sie sich eine glückliche Ehe. Sie musste auch die Katze füttern. Dann hatte sie gutes Wetter an diesem Hochzeitstag. Auch soinst hatte sie noch mancherlei zu beachten: Sie durfte im Brautschmuck nicht in den Spiegel sehen und durfte beim Kirchgang nicht rückwärts blicken. Die kirchliche Trauung fand bis 1872 um 10 Uhr vormittags statt, nach Einführung derstandesamtlichen Trauung im Anschluss an diese.

Dem Hochzeitszuge voraus ritt wieder der buntgeschmückte Köstebirrer, ihm folgten die Musikanten und dann der Hochzeitszug. Der Bräutigam trug einen blauen Tuchrock (Anm. der Red.: Rock von Gehrock = längere (Uniform-) Jacke), den sogenannten Friedrich-Wilhelms-Rock, die Braut ein schwarzes Kleid mit einer von der Taille lang herabhängenden, roten Schärpe. Der Bräutigam ging zwischen vier Trauführern, von denen zwei aus seiner Verwandtschaft und zwei aus der Verwandtschaft der Braut stammten. Ebenso ging die Braut zwischen vier Brautjungfern. In der Kirche ging der ganze Brautzug um den Altar herum und legte dabei eine Opfergabe für den Pfarrer nieder. Wollte die Frau die Herrschaft im Hause haben, so legte sie sich Salz und Dill in den Brautschuh und murmelte vor dem Seen des Pastors, “Ick stao up Sult un Dill, wenn ick rär (rede), schwiggst du still!”. Dabei versuchte sie dann noch, dem jungen Ehemann auf den Fuß zu treten. Damit es keinen Zank und Streit in der Ehe gab, zerbrach sie während des Segens ein kleines, im Handschuh verborgenes Stöckchen. Hatte sie außer Salz und Dill in den einen Schuh auch noch einen Taler in den anderen Schuh hineingelegt, so war damit gesichert, daß das junge Paar immer Geld im Hause hatte.

Bei der Saat

Das Säen der Sommerfrüchte besorgte der Bauer am liebsten selbst. Säte er Flachs, zog er einen langen Rock an; denn “je länger der Rock, desto höher wuchs der Flachs”. Aus diesem Grunde wurde auch das Sälaken und auch der Sack, in dem sich das Saatgut befanden, in die Höhe gezogen.

Die meisten Getreidearten wurden an einem bestimmten Tag gesät: Flachs am Hiobstag (9. Mai), am Saratag (19.Mai), am Esthertag (24. Mai) oder am Urbanstag (25. Mai). Die ersten drei Heiligen sollen besonders langes Haar gehabt haben. Das widerum soll Einfluss auf den Wuchs des Flachses haben.

Nach dem Einsäen der Saat wurde der “Deifsegen” um das Feld gezogen. Das heißt, der Bauer zog mit der Egge um das ganze Feld eine Schlußrunde und murmelte dabei auch wohl einen Diebsegen aus einem handgeschriebenen Zauberbuch, das sich in vielen Familien befand.

Auch die Bäuerin hatte mancherlei zu beachten: Gern säte sie Gartensämereien vor dem Sonnenaufgang, damit sie die Hühner nicht auskratzen würden. Gurken mußten am Samstagabend gelegt werden, mnöglichst am Abend vor Himmelfahrt und bei Glockengeläut.

Vom Umgang mit Tieren

Ehe der Bauer vom Hof aufs Feld fuhr, machte er wohl mit der Peitsche drei Kreuze vor die Pferde. So verhinderte er, dass sie behext werden konnten. Zog man zum Markt, um ein Pferd zu verkaufen, so führte man es vorher um einen Schweinetrog herum. Dies geschah in dem guten Glauben, so einen höheren Preis aushandeln zu können.

Kam ein Bauer mit einer eben gekauften Kuh über die Grenze, so gab er der Kuh bei der ersten Tränke etwas Erde mit in das Tränkgefäß. Seine Hoffnung war, dass sie danach nicht “quiente”, also kränkelte. Sicher war man sich auch, dass Kälber, die “im Heitnigge” (bei abnehmendem Mond) geboren wurden, besonders gut “arteten”, also heranwuchsen.

Die Schweine wurden mit dem beginnenden Winter im “Waodel”, d.h. bei zunehmendem Mond geschlachtet. Man war sich sicher, dass sich das Fleisch dann besser und länger halten würde.

Auch die Hühner- und Gänse-Eier wurden während des Abendläutens der Kirchenglocken “untergelegt”, das heißt zum Brüten ins Nest gelegt. Die faulen Eier und Eierschalen wurden nach dem Schlüpfen der Küken in ein Erdloch eingegraben, “damit die Tiere gut zusammenbleiben”.

Weihnachten in Zwilipp

Zu Weihnachten galt es am Vortage Stall und Scheune sauber zu machen sowie die Schneidemesser der Häcksellade in das Häcksel zu stecken. Den Pferden wurden Hammer und Bolzen (zum Sense klopfen) in die Krippen gelegt, “damit sie gut arten”. Bis zum Abendläuten mussten diese Arbeiten fertig und die Ställe und Scheunen verschlossen sein.
Am Weihnachtstage bekamen die Pferde ein ganzes Brot in die Tränke. Das Brot wurde aufgeweicht und auf das Futter gegossen. Das Vieh bekam auch mehr Heu als gewöhnlich, “damit das Vieh auch weiß, dass es Fest ist.”

Um die Jahreswende

Zwischen Weihnachten und Neujahr durfte kein Dung aufs Feld gebracht werden. Auch das Spinnrad der Frauen hatte zu ruhen. Dafür begannen die Frauen “zwischen den Festen” mit dem Federnspleißen. Die Männer begannen mit dem Ausdreschen des ersten Saathafers. Das Korn, das zwischen den Festen ausgedroschen wurde, sollte nach dem damaligen Volksglauben besonders gute Ernteerträge bringen.
Auch am Dreikönigstag, am Lichtmeß- und am Marientag durfte nicht am Spinnrad gearbeitet werden. Dieses Spinnverbot geht wohl auf die Zeit der Vorreformation zurück, weil es sich um katholische Feiertage handelte.

Siedlung

Zwilipp wurde im Mittelalter als einzeiliges Zeilendorf angelegt, das sich hufeisenförmig um den einstigen Dorfsee, der später zum Großen Moor verlandete, erstreckt. In der Mitte, an der Südspitze des früheren Sees, erweitert sich die nur an der seeabgewandten Seite bebaute Dorfstraße zu einer Art Anger, auf dem die Kirche errichtet wurde. Die Feldwege strahlen vom Dorf radial in die Flur aus, die nahezu siedlungsleer ist. An der Persante, an der Stelle des alten Fährübergangs nach Lustebuhr, steht das einstige Fährgehöft (Fähre). Auch Pustar war früher ein einzeiliges Zeilendorf, das sich zu einer reinen Gutsanlage wandelte. 1864 gab es in Zwilipp 35, in Pustar 17 bewohnte Gebäude, 1925 in beiden Orten zusammen 52.

Bevölkerungsentwicklung und -strukturen

Nach L.W. Brüggemanns Beschreibung von Pommern gab es in Zwilipp um 1780 genau 33 Feuerstellen, d.h. bei Zugrundelegung von sieben Personen je Feuerstelle eine Einwohnerzahl von 231. In Pustar waren es zu dieser Zeit 13 Feuerstellen, also 91 Menschen. Zusammen dürften zu dieser Zeit in beiden Orten zu jener Zeit etwa 322 Einwohner gelebt haben. Im Jahr 1816 wurden 296 gezählt. Diese Zahl wuchs bis 1864 auf 528, sank bis 1939 bis auf 372. Im letztnotierten Jahr 1997 waren es nach Schätzung von Janusz Rozek dem Jüngeren gerade noch 125 Menschen, die im heute polnischen Swielubie leben.

Nach der letzten deutschen Volkszählung aus dem Jahr 1939 waren in Zwilipp 195 Einwohner männlich, d.h. 52,4 Prozent. Somit kamen auf 100 Männer statistisch gesehen 90,8 Frauen.

Zur Bevölkerungsstruktur des Dorfes Zwilipp im Jahr 1939: 55 Kinder waren unter 6 Jahre alt (14,8 % der Bevölkerung), 70 hatten das Schulalter von 6 bis unter 14 Jahren erreicht (18,8 %). 223 Personen standen im Erwerbsalter (59,9 %), 24 waren über 64 Jahre alt (6,5%).

Die Erwerbsquellen der Zwilipper fächerten sich wie folgt auf: Von der Land- und Forstwirtschaft lebten 302 Menschen (81,2 %), in Berufen der Industrie und des Handwerks waren 25 tätig (6,7 %), 4 verdienten in der Erhebungssparte Handel und Verkehr ihr Geld (1,1 %).

Befragt nach ihrer Stellung im Beruf gaben 49 Personen (13,2%) an, selbstständig zu sein. 53 (14,2 %) galten als mithelfende Familienangehörige, 235 als Arbeiter (63,2 %) und 5 als Beamte oder Angestellte (1,3 %).

1939 entfielen auf jeden der 81 Haushalte statistisch 4,6 Personen. 1905 waren es noch 6,6, 1864 sogar noch 6,8 gewesen. Die Bevölkerungsdichte war von 1816 mit 22,7 Einwohner pro Quadratkilometer auf 40,4 in 1864 gestiegen und sank bis 1939 wieder auf einen Wert von 28,5 Einwohner pro Quadratkilometer.

Die Zwilipper Gemarkung umfasste nach der Eingliederung von Pustar zuletzt 1.305,6 Hektar. Vorher zählte sie eine Fläche von 730,2 ha. Die Fläche des Ortes war – abgesehen von dieser Vergrößerung – seit dem Mittelalter unverändert.

Lesen Sie hierzu auch den Abschnitt Dorf Zwilipp 1937 aus dem Kummrow-Buch.

Namen und ihr Ursprung

Das Einwohnerbuch des Kreises Kolberg-Körlin 1937 weist für Zwilipp insgesamt 72 verschiedene Familiennamen aus, von denen 57 (also 79,2%) deutscher Herkunft waren. Darunter befanden sich wiederum 25 Beispiele, die dem niederdeutsch-friesischen Sprachraum angehörten. Hierzu zählen:

Baatz, Bast, Block, Bohlmann, Bolduan, Braasch, Buntrock, Fiß,
Geehrt, Geske, Goldbeck, Henke, Käding, Ledebur, Lüdtke,
Meyer, Raatz, Radmer, Reinke, Scharping, Schmidt,
Schulz, Vahl, Vollmer, Wolter.

Auf den mitteldeutschen (Rosner) beziehungsweise oberdeutschen Mundartbereich entfielen diese Beispiele:
Heiß, Holz, Knappert, Noll, Ott, Protzen, Weiher.

23 Namen zeigten eine hochdeutsche Form:
Baller, Berg, Blank, Damm, Dummer, Fahr, Finger, Fischer,
Gutbrodt, Hahn, Heldt, Hellwig, Hildebrandt, Krüger, Lange,
Michaelis, Müller, Neumann, Scheunemann, Schmeichel,
Schumacher, Vaßholz, Wilhelm.

14 oder 19,4 Prozent der Zwilipper Namen hatten/ haben eine slawische Wurzel. Die weitaus meisten davon waren wendischen Ursprungs:
Jeske, Krolow, Kummrow, Nitz, Peglow, Pittelkow, Ponik,
Rackow, Strelow, Varchmin, Venzke, Wenzel.

Zwei der in Zwilipp vorkommenden Namen waren russischer Herkunft:
Streppnik, Suschakow.

Aus dem baltischen Sprachraum (litauisch: klava = Ahorn) stammt dieser Name:
Klawitter.

Ortsname im Wandel

Die Bezeichnung für das Dorf Zwilipp hat sich seit der ersten urkundlichen Niederschrift deutlich verändert: 

SchreibweiseJahr der Erwähnung
Suelube1159
Suelube1168
Suelube1177
Suelube1179
Suelube1195
Suelube1216
Szwelube1184
Swelube1208
Swilebe1317
Szwilubbe1320
Swilupp1618
Zwielippbis um 1900?
Zwilippbis 1945
Swielubieab 1945

Nach den Erkenntnissen des Sprachforschers Schlemmer ist die Ortsbezeichnung von dem wendischen Personennamen Sveljub abzuleiten. Die im Volke gebräuchliche Erklärung Zwilipp = zwei Liebende sei sprachlich falsch und daher abzulehnen, folgert er.

Das Gut Pustar wird bereits 1281 so genannt und geschrieben, 1303 tauchen Pustars und 1308 Pustarze auf. Das Wort wird auf die Bedeutung des wendischen Wortes pustina/ pusty = wüste, öde Heide, die als Weide benutzt werden kann zurückgeführt. In diesem Sinne haben dieses Wort auch die Ungarn von den Slawen als Puszta übernommen.

Zwilliper Flurnamen

Nach dem Zweiten Weltkrieg bemühten sich die aus Zwilipp Vertriebenen, die ihnen seit Kindertagen bekannten Flurnamen nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. In mehreren Karten (siehe auch Die Umgebung des Dorfes, eine Bildseite aus dem Kummrow-Buch) wurden diese mit Ziffernlegenden eingetragen. Eine der vollständigsten Sammlungen alter Flurnamen fand sich jetzt in Manfred Vollacks Materialsammlung/ Buch “Das Kolberger Land” und ist unterhalb des Ausschnitts aud

FlurartNr.hochdeutschplattdeutschErklärung
Gewässer46Alte PersanteUll Persantaltes Flußbett nahe dem Haumeister
 2 ÄonsbäkBach, in Persante mündend
 40Große und kleine LaakenGrot un Klein LaukLöcher in den Wiesen nahe dem Haumeister
 3Kleiner BornBöning oder BäkBach, der an den Rieselwiesen vorbei fließt
 4Klare QuellenKlaur QuelleWasserloch, an dem früher die Pferdehirten ihre Pferde tränkten
 5Burgwall  
 12HütefaßHüttfatttiefes Wasserloch in der Dorfwiese
 15PaxlabornPaxleboonzugeschüttete Quelle auf dem Land, das zum Pastorenhof gehörte
 60Persante, RummelsbornPersantFluß
 32See kleiner See an der Quebbe
 31Soll kleiner Teich nahe am Hof
 22Wangritz Grenzgraben zu Pustar, Abflussgraben der Dorfwiese
 23Lößbäk/ WasserlaufLößbäk/ WauteloopAbflußgraben des Achtermoors
Berge und Täler10Blocksberg/ Hexenkessel  
 6BocksbergBocksbarj 
 7GalgenbergGaljebarjfrühere Hinrichtungsstätte
 11Große und kleine HölleGrot und Klein Höll 
 17Sandberg(e)SandbarjHügel
 57Schiefer GrundScheif Grundsteil abfallende Fläche an der Wangritz
 20StaatsbergStautsbarjgehörte zum Pastorwaldberg
  Wichtelberg hier sollen früher Fichten gewesen sein
 59WoitschabergWoitschbarj 
Moore1AchtermoorAchtermaur 
 58Großes MoorGrot MaurDorfwiese, verlandeter See
Wiesen8Schulwiese/ GillwieseSchaulwischderen Pachteinnahmen dienten der Besoldung des Lehrers
 9HaumeisterHameisterWiesen auf einer Insel, die bei einer Persanteteilung enstanden sind
 14LügenwieseLogewischhier soll der Stein mit dem (Teufels-) Fußabdruck gelegen haben, der zum Bau der Kirche verwandt worden sein soll
 33QuebbeQuewnasse Wiese
 37RieselwieseEllerwisch 
 18SchnakendriftSchnaukedriftsumpfige Wiese nahe der Fähre
 41SchulzenwieseSchultewisch 
 63PastorenwiesePasterwisch 
Äcker38Sans Souci  
 29Schachbrett  
 30Schwanz schmales Feld an der Wangritz
 19Speck gehörte zum Pastorenhof
 28Steinmörchen kleines steiniges Ackerstück
Wald, Busch und Bäume39BauernfichtenBurefichtehier hatte jeder Bauer ein Stück Wald
 35Bismarckeiche  
 13Hünenbrink  
 42PastorenwaldPasterbuschhier wurde Brennholz für den Pastorenhaushalt geholt, hier fand auch das Zwilipper Schützenfest mit Schießen auf den Hochadler statt
 44PracherbuschFliederbuschbeliebter Ruheplatz wandernder Handwerksburschen
 16RehbracheRehbrauk 
 41SchulzenwieseSchultewisch 
Wege51Alte HeerstraßeUll Heerstraut/ Chaussee1807 brannten hier Franzosen die Persantebrücke ab
 36Hön kleiner Weg zu den Gehöften
 47Kirchstieg Kirchweg für die Bartiner
 34LämmerstraßeLämmerstrauthier wurden die Schafe zur Weide getrieben
 52Langes EndeLang Eenn 
 27PastorenwegPasterwechWeg zum Pastorengrund
 55Trift  
Hof und Dorf43Hölzerner BackofenHültern BackaoweBackofen, aus dem eine knorrige, später unter Naturschutz stehende Esche gewachsen war, siehe auch Erzählungen
Sonstiges45Liebesinsel von kleinen Bächen umrieselte Insel, auf denen eine kleine Sitzbank zwischen zusammengewachsenen Buchen stand
 21TeufelssteinDüwelsteinam Ufer der Persante liegender Stein mit Abdruck einer Fußtrappe darin, siehe auchErzählungen
 61Fähre Anlegestelle und Fährhaus auf Zwilipper Seite der Persante
 62Pustar Gutshof Pustar (zu Zwilipp)

überprüft, ergänzt und aufbereitet von Gabi und Joachim Kummrow im Oktober 2001

Zwilipps Schule

Die einklassige Zwilipper Schule wurde im Jahr 1908 erbaut. 1939 wurden hier 33 Kinder (14 Jungen/ 19 Mädchen) unterrichtet. Die einzige Lehrerstelle hatte vor dem I. Weltkrieg und bis 1924 Ferdinand Asmus inne, der auch als Heimatforscher hervortrat. Ihm folgte Max Michaelis.
In Pustar gab es auch eine Schule. Sie wurde 1939 von 30 Kindern besucht. 18 davon waren Jungen, 12 Mädchen. Hier wirkte bis 1926 Lehrer Post, nach ihm Walter Goldbeck.

Im Jahr 1871 konnten in Zwilipp 86,2 Prozent, in Pustar 87,6 Prozent der über zehn Jahre alten Bewohner lesen und schreiben. 3 beziehungsweise 11,7 % konnten dies nicht, zwei (und in Pustar eine) Personen machten dazu keinen Angaben bei der Volkszählung des Jahres.

Zwilipps Kirche

Die gotische Kirche (Blick von der Südseite) mit ihren niedrigen Strebepfeilern hat einen mächtigen Westturm, der aber jünger als das eigentliche Kirchengebäude ist. Der Chor ist mit drei Seiten eines Achtsecks geschlossen und schmaler als das Kirchenschiff. Kirchenfenster und Westtür im Turm weisen gotische Spitzbögen auf. Letzter ist im im unteren Bereich aus Feldsteinen, sonst aus Ziegeln erbaut, aber wohl später erniedrigt worden, denn die Blendnischen des oberen Geschosses sind nur teilweise oben zugewölbt worden.

Von der Innenausstattung ist ein Ölgemälde, das Chistus am Kreuz und den Stifter und seine Familie (um 1640) zeigt, zu erwähnen. Ebenso das mittelalterliche Taufbecken, das dem in der Kirche zu Alt Werder (das aus einer Kolberger Kirche stammt) ähnelt. Um 1890 gab es zwei Glocken: Die älteste hatte eine Inschrift, die jüngere wurde um 1805 gegossen. Die 1930 renovierte Kirche brannte 1945 ab.

Das Zwilipper Gotteshaus war eine Pfarrkirche innerhalb des Kirchenkreises Kolberg, zu der neben Zwilipp noch Pustar (seit 1911), Bartin und Lustebuhr eingepfarrt waren. Das recht kleine, größtenteils schon im Mittelalter abgegrenzte Kirchspiel zählte 1940 589 Seelen, darunter 11 Andersgläubige. Das Patronat war staatlich (es lag im Mittelalter beim Nonnenkloster zu Altstadt). Kirchenbücher wurden seit 1767 geführt, ältere sind im Siebenjährigen Krieg verloren gegangen.

Seit der Reformation amtierten in Zwilipp folgende Pastoren:  

1556-1612Bartholomäus Hell
1612-1645Joachim Scheunemann
1649-1672Dionysius Scheunemann
1674-1706Matthias Hering
1707-1754Heinrich Wüstenberg
1754-1759Thomas Samuel Wüstenberg
1760-1762Johann Friedrich Ellendt
1763-1772Paul Felix Müller
1772-1822Johann Georg Wachse
1823-1836Johann Gottfried Pricelius (a.a.St. “Pirelius”)
1838-1854Karl Julius Alexander Kummer
1854-1868Julius Friedrich Reinhold Kasischke
1859-1884Friedrich Julius Richard Kasischke
1884-1892Otto Ernst Daniel Wenzel
1892-?Paul Friedrich Heinrich Keitsch
1922-1927? Müller
1927-1935Hermann Adam

Die Pfarrstelle war nach 1935 verwaist. Zwilipp wurde von Zernin aus mitversorgt. Im Jahr 1925 gehörten in Zwilipp (mit Pustar) – bis auf 1 Katholiken – alle Einwohner der evangelischen Landeskirche an. Mitte der 1990er Jahre wurde die Kirche wieder aufgebaut, wird seitdem von der katholischen Kirchengemeinde Swielubie als Gotteshaus genutzt.

Zwilipps Geschichte

Steinzeit und Bronzezeit

Die Feldmark von Zwilipp ist sehr alter Siedlungsboden: Seit der Steinzeit, aus der ein dort gefundenes Steinbeil stammt, waren dort Menschen am Ufer der Persante zu Hause. Aus der Bronzezeit stammt ein Skelettgrab, das eine im Osten häufig vorkommende Ösennadel (aus der zweiten Periode dieser Zeit) enthielt. In einem anderen Skelettgrab fand man eine Mützenurne. Eisenzeitlich sind ein Moorfund mit römischen Glasperlen (Stufe B-C) sowie ein anderes Skelettgrab, das zwei bronzene Fibeln unter dem umgeschlagenen Fuß, zwei Fibeln mit blauer, runder Glaseinlage am Fußende, eine silberne, tordierte Nadel, einen silbernen, tordierten Halsring mit birnenförmiger Öse sowie eine Halskette aus über 20 flachen Bernsteinperlen (Stufe C) enthielt. Aus wendischer Zeit stammt der in der Nähe der Fähre befindliche Burgwall und ein Brandgrab, das wikingischer Herkunft ist.

Die Wikinger

Im Heimatkalender Kolberg-Körlin des Jahares 1938 war darüber zu lesen: “In der Nähe des Dorfes Zwilipp wurde ein Grab entdeckt, aus dem damals eine Reihe von Fundstücken in das Stettiner Museum gelangten: Eine halb zerschmolzene winkingische Schalenfibel aus Bronze, drei Spielsteine aus Bein, eine Bronzehülse, Eisenreste, Tonscherben, blaue und weiße zerschmolzene Glasperlen, die wohl ursprünglich zum Besatz der Schalenfibel gehörten. Über die Fundumstände berichtete damals der Gymnasialzeichenlehrer Meier aus Kolberg in einem Brief an den Konservator Stubenrauch, dass die Stücke in einer Brandgrube, unter einem Umfassungsstein einer “Grabstätte” gelegen hätten. Trotz seines unscheinbaren Gepräges ist dieser Grabfund jedoch eines der wichtigsten Denkmäler ganz Pommerns aus der wendisch-wikingischen Epoche. Alle Stücke dieses Fundes, bis auf die Tonscherbe, die wendisch ist, sind nämlich wirklich wikingischen Ursprungs. Aber nicht nur dies, unser Grab fällt völlig aus dem Rahmen der übrigen wendenzeitlichen Bestattungen Pommerns heraus, während es in seiner Zusammensetzung ein für Skandinavien durchaus typisches Gepräge zeigt. So dürfte wohl der Schluss erlaubt sein, dass wir hier einmal tatsächlich ein echtes Wikingergrab auf pommerschem Boden besitzen, die Ruhestätte eines nordischen Seefahrers oder Kaufmanns, der hier an der Persantemündung den Tod fand. Oder besitzen wir in dem Funde von Zwilipp vielleicht sogar die erste Spur einer wikingischen Niederlassung, eines Handelsplatzes oder einer Sommersiedlung im Kolberger Kreise? Die geografischen und historischen Vorausetzungen wären gerade in diesem Gebiete durchaus gegeben. Eine endgültige Antwort auf die Frage können aber erst die zukünftige Forschung und neue glückliche Funde erbringen.”
Dieses Wikingergrab sei der Beweis dafür, dass diese Nordleute in Pommern nicht nur die Mündung der Oder aufsuchten, sondern auch die Mündungen der kleineren Küstenflüsse (auch an der Leba sind sie nachgewiesen). Der etwa zwei- bis dreihundert Meter lange und 20 bis 30 Fuß breite, um 1830 noch deutlich erkennbare Burgwall hat vielleicht in den Kämpfen um das Jahr 1000, als die Polen Kolberg eroberten, eine Rolle gespielt. Giesebrecht ist der Meinung, dass in dem Zwilipper Burgwall das vom polnischen Chronisten Gallus anonymus erwähnte “castrum proximum mari” (=Burg nahe dem Meere) gemeint sei. Es soll zeitweilig Sitz eines Kastelland gewesen sein.

Im Mittelalter

Sieht man einmal von der Altstadt bei Kolberg ab, so sind Zwilipp und Pobloth die ältesten namentlich bekannten Dörfer des Kolberger Landes. Bereits im Jahr 1159 bestätigt Bischof Adalbert von Pommern dem Kloster Grobe auf Usedom die von Herzog Ratibor I. und seiner Gemahlin Pribislawa verliehenen Besitzungen und Einkünfte und verleiht diesem den Zehnten und alles im zustehende Recht in den Klosterdörfern, darunter in Zwilipp und Pobloth, was sein Nachfolger Konrad I. zusammen mit den Schenkungen der Herzöge Bogislaw I. und Kasimir I. im Jahre 1668 bestätigt. Die Dörfer gehörten somit zur Erstaustattunbg dieses zweitältesten Prämonstratenserklosters in Pommern.
Derartige Bestätigungen leißen sich die Mönche im Mittelalter gern und oft ausstellen, da sie den oft launenhaften Fürsten nicht trauten. Oft fochten deren Erben die Schenkungen an die Kirche an – man war durch entsprechende Erfahrungen vorsichtig geworden. Dementsprechend folgen in den folgenden Jahrzehnten wiederholt solche Generalkonfirmationen: 1177 durch Herzog Bogislwa I., 1179 durch Papst Alexander III., 1184 erneut durch den Herzog Bogislaw I., 1195 durch Papst Colestin III., 1216 durch den Camminer Bischof Sigwin, 1241 durch Bischof Konrad III., 1267 von Herzog Barnim I. und 1310 endlich anläßlich der Verlegung des Klosters nach Pudagla durch Papst Clemens V.

Das Kloster hatte nicht nur das Dorf Zwilipp mit dem Kruge, sondern auch die dortige Brücke (hier überquerte man also trockenen Fußes im Zuge der alten Salzstraße die Persante) mit ihrem Zoll und dem Kruge daselbst sowie die voin der Flößerei auf der Persante zu entrichtenden Abgaben verliehen bekommen, trennte sich aber um 1210 davon, in dem Herzog Kasimir II das für das Kloster weitab gelegene Dorf für 12 Mark jährlich übernahm, was er dann beurkundete. Nach seinem Tode sollte es an das Kloster zurück gegeben werden. 1318 schließlich einigte sich das Kloster mit Henning v. Blankenburg und seinem Sohn Anselm sowie den Brüdern Henning und Arnold v. Greifenberg dahingehend, dass diese und deren Erben oder sonstige Besitzer der Dörfer Zwilipp und Pobloth dem Kloster jährlich zwei Last Salz geben sollten. Man war also wirklich nicht so sehr an jenem entfernten Außenposten interessiert, wollte aber den Nutzen davon haben.

Anselm v. Blankenburg verpfändete dann 1320 das Dorf Zwilipp für 900 Mark an seinen Schwiegersohn, dem herzoglichen Kanzler Peter v. Neuenburg. 1327 schließlich verkauften die Mönche das Dorf Zwilipp für 68 Mark Silber dem Kösliner Bürger Konrad Wille. 1336 fand der nächste Verkauf statt: vom Camminer Bischof Friedrich an die Kolberger Bürger Bertold Glasenapp und Goswin Gemelin, die durch die Zahlung von jedem Anspruch, den der Knappe Arnold Ramel nach Erbrecht erheben konnte, befreit wurden. Offenbar handelt es sich bei den Verkäufen nur um eine Veräußerung der Nutzungsrechte. Die eigentlichen Besitzrechte der Kirche, die ja Lehnsherr war, blieben davon unberührt. 1417 bis 1425 erscheint ein Henning Gruttemaker als Pfarrer in Zwilipp. 1422 sehen wir das Dorf im Besitz des Kolberger Nonnenklosters auf der Altstadt (vorher war es vielleicht zeitweilig ein Lehn derer v. Ramel), nach der Reformation kam es in landesherrlichen Besitz (Amt Kolberg), in dem es bis zur Separation verblieb.

Frühe Bauernbefreiung

Aus dieser langen Zeit ist kaum etwas überliefert: Kurz nach 1700 kauften sich die Zwilipper Bauern für 400 Taler von den Frondiensten des Amtes Altstadt (Kolberg) los und wurden dadurch freie Bauern – ein Jahrhundert vor der Bauernbefreiung! 1726 gab es im Dorf 13 Vollbauern und einen Kossäten. Der Schulze hatte keinerlei Vorrechte. Außerdem gab es an Instleuten sechs Ehepaare und zwei ledige Frauen, als Handwerker wird nur der Schneider David Rackow genannt. Zur Schmiede musste man nach Kolberg, zur Mühle nach Bogenthin, ein Krug war nicht vorhanden, das Amtsbier musste der Reihe nach gebraut werden.

Die Kriege

Sicher hatte Zwilipp unter den Kolberger Belagerungen im Dreißigjährigen, im Siebenjährigen und im Franzosenkrieg ebenso gelitten wie die Nachbardörfer. In der Zeit um 1762 verlegte der Zerniner Pfarrer auf Anordnung der Russen seinen Sitz nach Zwilipp, weil dort gerade die Pfarrstelle vakant war. Das Dorf kam dank der guten Beziehungen des Pastors zum russischen Kommandanten besser davon als die Nachbardörfer. Amtliche Berichte aus jener Zeit sagen “das Dorf Zwilipp ist sonst in ziemlicher Verfassung. Die Gebäude auch in gutem Zustand.” Andernorts heißt es weiter: “Die seit dem Kriege schwachen Bauern haben sich dadurch ansehnlich geholfen, dass sie auf ihren Feldern Mergel entdeckten und damit düngten. Sie haben dadurch gutes Korn- und Gerstenland. Sie entrichten deshalb alle Prästanda (=Steuern und Abgaben) ohne Reste.” Zur Zeit Friedrichs des Großen entstand in Zwilipp auch eine Ziegelei, die aber bald wieder einging. Die Jahre 1770-74 waren große Hungerjahre, die durch Mißwuchs und Mißernten viel Not brachten.
Seine abgeschiedene Lage hatte in Sitten und Gebräuchen vieles bewahrt, was der lamngjährige Zwilipper Dorfschullehrer Ferdinand Asmus aufgezeichnet hat. 1928 kam bei der Gemeindegebiets-Reform in Preußen das Rittergut Pustar zur Gemeinde Zwilipp. Schon 17 Jahre zuvor, in 1991 war die kirchliche Zuweisung zur Zwilipper Kirchengemeinde vollzogen worden.

Die Vertreibung

In 1945 endet die deutsche Geschichte von Zwilipp. In der Nacht vom 5. auf den 6. Juni brannte die Kirche nach einem Blitzschlag nieder. Die Zustände verhinderten sowohl das Löschen wie auch den Wiederaufbau. Um die Jahreswende 1945/46 mussten die verbliebenen Zwilipper ihr Dorf verlassen, wurden auf Züge geladen und reisten gen Westen einer ungewissen Zukunft entgegen.

Die Neuzeit

Zwilipp kam unter dem Namen Swielubie unter polnische Verwaltung und wurde der Großgemeinde Degow (Gmina Dygowo) zugeteilt. Nachdem diese 1954 in eine Amtsgemeinde (Gromada) umgewandelt wurde, blieb es bei dieser, auch nachdem diese 1973 wiederum zur Großgemeinde wurde. Bis 1975 gehörte es zum Kreis Kolberg, seit 1990 zur Region Kolberg in der Woijewodschaft Köslin (Woj. Koszalin).

Fähre

Der Zwilipper Wohnplatz “Fähre” bestand aus zwei Fährkrügen und zählte 1816 gerade einmal acht Einwohner. 1861 waren es 38 Personen in sechs Famnilien, 1871 waren es 22 Personen, 1885 19 und im Jahr 1905 22 Einwohner.
Die schon sehr alte Fähre war Eigentum des Jungfrauenklosters zu (Kolberg-) Altstadt. Schon 1159 ist dort von einer Brücke im Zuge der alten Salzstraße die Rede. 1808 brannten die Franzosen die dort vorhandene Holzbrücke ab. Erst 1882 wurde eine neue Brücke gebaut.

Am Ufer gab es zwei Fährkrüge. Dort war auch der Fährzoll zu entrichten -egal ob man die Brücke oder die Fähre über die Persante nutzte. Die Einwohner der adeligen Dörfer Lustebuhr, Peterfitz, Klaptow und Lübchow waren vom Fährzoll vollständig befreit. Die Bewohner der Dörfer Zwilipp, Wobrow, Stöckow, Quetzin, Poldemin, Jaasde, Damgardt, Bogenthin, Bartin und Degow waren zwar auch zollfrei, mussten aber die zur Instandhaltung der Brücke nötigen Hand- und Spanndienste unentgeldlich leisten und im Winter die Persante im bereich der Fähre eisfrei halten.

Pustar

Pustar heißt das Rittergut im Westteil der Gemeinde Zwilipp, gelegen an der Straße von Damgardt nach Semmerow, etwa 1000 Meter von der Persante entfernt. Der landwirtschaftliche Großbetrieb, 1939 der größte von Zwilipp, umfasste zuletzt 555 Hektar Fläche (1925 waren es noch 575,17 ha). 425 waren davon Ackerland, 30 ha Wiesen, 23 ha Weiden und 55 ha Wald. Das zu Pustar gehörende Land reichte im Osten bis an die Wangritz, im Westen bis zum Höllengrund(siehe auch Zwilipper Flurnamen. Der Viehbestand belief sich 1939 auf 38 Pferde, 181 Rinder (darunter 71 Milchkühe), 217 Schweine und nur noch wenige Schafe (1892 noch 1000). Letzte Besitzerin war Wally Damm.

Die Einwohnerzahl von Pustar entwickelte sich von 101 in 1816 bis auf 171 im Jahr 1925. Folgende Erwachsene erfasste die Volkszählung von 1937:

NachnameVornameBeruf
BaatzEwaldHofgänger
BastJohannesDeputant
BlankIdalandw. Gehilfin
BolduanWilliGärtner
DammKarl LudwigLandwirt
DammWallyLandwirtin
DummerMargareteHofgängerin
FahrErnstHofgänger
FahrGustavDeputant
FahrHugoDeputant
FingerOttoDeputant
GeskeEmmaArbeiterin
GeskePaulStellmacher
GoldbeckWalterLehrer
HahnEmillandw. Arbeiter
HahnFranzDeputant
HildebrandtKarlInspektor
JeskeWilhelmKutscher
KnappertPaulHofgänger
KrolowIrmgardlandw. Arbeiterin
KrügerAlbertDeputant
KrügerHermannDeputant
KrügerIrmaHofgängerin
KrügerKarlRentner
KrügerMetaHofgängerin
LangeDorothea 
LangeErnstMelker
LangeErnstObermeister
MeyerHelmutMelker
MüllerEmilDeputant
OttoIlseHofgängerin
OttMargareteHausgehilfin
ProtzenLuiseWirtin
RaatzFranzSchmiedegeselle
RackowEmilArbeiter
RackowHermannDeputant
RackowHermannRentner
RackowPaulDeputant
RosnerJuliusHofgänger
RosnerJohannaHofgängerin
ScheunemannKurtlandw. Arbeiter
SchmeichelAlbertDeputant
SchmeichelAnnaHofgängerin
SchmeichelHerbertHofgänger
SchulzMarieHausgehilfin
StrelowFriedrichDeputant
SuschakowIwanDeputant
VahlErnstlandw. Arbeiter
VahlFriedaHausgehilfin
VenzkeAugustRentner
VenskeKurtHofgänger
WenzelKarlDeputant
WenzelUlrikeRentnerin
WenzelUlrikeRentnerin

Als Bischof Hermann von Cammin 1281 anläßlich der Einweihung der Zerniner Kirchediese dotiert und ihren Pfarrsprengel festsetzt, weist er ihr auch das Dorf Pustar zu – ein Zustand, der bis 1911 erhalten bleiben sollte. Wenig später, im Jahr 1308 überträgt er dem Domkapitel den halben Zehnten dortselbst – als Entschädigung für das Dorf Dargetitz und den halben Zehnten in Runow, die bisher dem Kapitel gehört hatten, was 1313 noch einmal ausdrücklich betsätigt wird.

Nach der Vasallentabelle des Stiftes Cammin aus dem Jahre 1565 erscheint ein Magnus Pustars als Herr zu Pustar oder Pustars, wie es damals genannt wird, ebenso 1572. Er gehörte einer Familie an, die nur für dieses Gut nachgewiesen ist. 1583 übergab er seinen Besitz, da zu alt und zu schwach, seinen Söhnen Franz und Hans, behielt sich aber vom Ertrag des Gutes so viel selbst vor, wie er brauchte. 1592 beklagte er sich beim Herzog, dass sein Sohn Franz dessen Ehefrau ein Leibgedinge ausgesetzt habe, ohne seines Bruders zu gedenken. Im Jahre 1624 werden Wulf und Peter v. Pustar als Schuldner von 200 Mark erwähnt. Nach der Ritterschaftsmatrikel von 1628 mussten sie 12 oder 14 Hufen und 6 Viertel Schafe versteuern, 1631 werden sie noch einmal genannt.

Für 1666 werden als Besitzer Heinrich v. Pustar d.Ä., Jürgen v. Pustar, Sel. Wulfv Pustars Sohn Peter und Ewald v. Pustar als Besitzer des dem Kirchspiel Garrin (wohl fälschlich) zugeordneteten Dorfe genannt (bis 1911 gehörte es seit dem Mittelalter zum Kirchspiel Zernin). Das Belehter v.P. noch seinen Enkel Heinrich Wilhelm und des Franz Jürgen Söhne. Im 18. Jahrhundert gestalten sich die Besitzverhältnisse in Pustar, das in mehrere Anteile zerfiel, recht verwickelt. Brüggemann beschreibt sie folgendermaßen:

“…Felix Kundenreich kaufte Pustar A, nach dem Vergleiche vom 3. April 1694, von Peter Ewald von Pustar und Pustar C, oder den so genannten, neuen Hof, nach dem Vergleiche vom 28. März 1707, von den Erben des Jürgen von Pustar und hinterließ beide Teile seiner Witwe, welche solche am 1. April 1737 dem Christian Selle abtrat. Durch das Rescript des vom 25. Julius 1744 wurde das ganze Lehn Pustar dem Major Henning Alexander von Kahlden ertheilet, welcher 1747 den Besitzern dieses Gutes seine Rechte abtrat, auch zu ihrem Besten die Allodification des ganzen Guts durch das Rescript vom 6. Junius 1747 bewirkte. Nach dem Tode des Christian Selle, welcher auch nach dem Vergleiche vom 18. November 1747 den von dem Schloßrentmeister Stürmer beseßenen Theil in Pustar kaufte, kam dieser Theil nebst Pustar A und C an seinen Schwiegersohn Heinrich Kuhze, welcher Pustar C nebst dem ehemaligen Stürmer’schen Theil, nach dem Vergleiche vom 26. März 1765 dem Amtmann Peter Lewezow verkaufte, deßen Witwe, Barbara Sophie, geborene Zander, es jetzt im Namen ihrer sechs unmündigen Kinder besitzet, Pustar A aber am 17. Junnius 1776 seiner geschiedenen Ehefrau Lucia, gebohrnen Selle, jetzt verehelichten Brand, abtrat. Pustar B wurde von Franz Caspar und dem Oberstlieutenant Claus Magnus von Pustar am 3. April 1694 erblich dem Felix Kundenreich, von diesem am 30. März 1705 dem Heinrich Wilhelm von Pustar, von deßen Witwe und Erben am 9. Januar 1730 dem Consistorialrathe Bogislav Liebeherr und deßen Erben am 15. November und 20. Dezember 1730 dem Kriegscommissarius Matthäus Hensel verkauft, welcher es nach seinem in dem Jahre 1759 erfolgten Tode seiner einzigen Tochter, Anna Sophia, als der Ehefrau des Bürgermeisters zu Colberg, Johann George Madeweis hinterließ.”

Berets seit 1694 befanden sich – mit landesherrlicher Erlaubnis – somit Teile von Pustar in bürgerlichen Händen, obwohl dies in Preußen erst 1806 allgemein gestattet war. Nach der Vasallentabelle des Camminer Stifts von 1756 hatten Christian Selle’s Erbenfür Pustar drei 3/8 Lehnhuifen zu versteuern und 1/2 Lehnpferd zu stellen. Um 1780 bestand der Ort aus 13 Feuerstellen. 1804 ist von vier Anteilen die Rede, von denen A und B den Gebrüdern Brand, Pustar C und D – auch der Neue Hof genannt – den Gebrüdern Levezow gehörte. Der neue Hof wurde nach einigen Jahren von Heinrich Wartemeyer erworben.

In den folgenden Jahren gelang es dem Premierleutnant Carl Ludwid Damm, nacheinander alle Anteile von Pustar zu erwerben: 1823 kaufte er Pustar B (Niederhof) von Carl Heinrich Brandt, 1830 von Georg Friedrich Brandt Pustar A (Oberhof), 1832 von Heinrich Wartemeyer Pustar D (Niederhof?) und schließlich 1837 von der verwitweten Gutsbesitzerin Sophie Wilhelmine Levezow geb. Toerner und ihren Kindern Pustar C (Mittelhof). Durch landesherrliche Bestätigung wurden alle vier Anteile 1843 zu einem Rittergut vereinigt. 1855 überließ er es seinem einzigen Sohne Rudolf Damm, der es schließlich 1863 an Carl Damm vererbte. 1884 und 1892 weisen die Güteradressbücher jedoch noch seine Witwe als Gutsherrin aus, 1899 erst ihren Sohn Carl Damm. In 1895 und 1905 wird in Pustar auch ein Wohnplatz “Pustarer Mühle” mit neun beziehungsweise zwölf Einwohnern erwähnt. Die Lage der Mühle ist heute nicht mehr bekannt. Nach dessen Tode (um 1920) übenimmt vorübergehend eine Erbengemeinschaft das Gut, bis schließlich Frau Wally Damm das Erbe antritt und bis 1945 bewirtschaftet.

Nach dem Zweiten Wekltkrieg wurde aus Pustar Pustary und bildet eine eigenständige Dorfschaft mit Bürgermeister (Soltys) innerhalb der Großgemeinde Degow (Gmina Dygowo).

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